Ausgestrahlt und ungesehen

Wenn ich beim NDR arbeiten würde und wollte einen Film so plazieren, daß ihn möglichst niemand sieht, wo würde ich ihn hintun? Wahrscheinlich auf Montag Nacht, 2:00 Uhr. Fast auf dieser Idealzeit lief jetzt der Dokumentarfilm „Axensprung“ über Filmemacher der 68er Generation in Deutschland, mit viel Idealismus aufgebrochen, in den 80ern Medienwerkstätten gegründet, was machen sie heute? Was ist heute noch möglich? Die Antworten fielen individuell aus, lassen sich nicht über einen Kamm scheren, haben viel mit der Persönlichkeit der einzelnen Protagonisten zu tun. Autorenfilm ist möglich, man muß halt auf Förderung verzichten können und das Geld irgendwie anders zusammenkriegen, oder etwas anderes machen.

Grund zur Freude: Keiner der Befragten arbeitet in der Werbung. Ausgewichen wird eher in Richtung Kunst. Nur Eine produziert Auftragsdokus für´s Fernsehen, und die Firma des Filmemachers selbst natürlich auch. Arte, NDR und WDR sind die Abnehmer. Das war´s. Gestaunt habe ich bei Helena Villovitch in Paris, die ästhetisch immer noch so arbeitet, als lebten wir in den 80er Jahren – und damit ein Publikum findet. In Großstädten bilden sich unwahrscheinliche Nester.

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3 Antworten zu Ausgestrahlt und ungesehen

  1. Jens sagt:

    axensprung, ein interessantes Beispiel für (80er Jahre) Newspeak. Gemeint als crossing the line klingt es doch eher wie die Beschreibung einer Sexualpraxis aus der Deo-Werbung, ähnlich dem wüsten Bambus oder dem rasenden Krebs (mach dich locker für die Ladies). Verkauft sich auch gut als das Axe des Bösen oder als spirit of the good axenmächte. wundert mich eigentlich, dass die guten alten Autorenfilmer es ausgerechnet in der Werbebranche nicht geschafft haben.
    A.X. Deo heisst übrigens soviel wie im Jahre des Herrn Gott, was soll mich da noch Wundern?

  2. Ina sagt:

    A propos „ungesehen“:

    Habe den Film (nicht zuletzt wegen seiner tollen Programmplatzierung) leider verpaßt – hat den vielleicht jemand digital mitgeschnitten?

    Falls ja, bitte Mail an ina [BEI] abwesend [PUNKT] de.

  3. holger sagt:

    Ich glaube, die guten alten Autorenfilmer wollen gar nicht in die Werbung. Was ich gut verstehen kann. Warum eine traditionell gemachte Doku aber einen so pseudo zeitgeistigen Titel braucht, der noch dazu auf die 90er Jahre verweist, ist mir nicht klar.

    Leider habe ich den Film nicht mitgeschnitten. Bin schon von zwei anderen Seiten dafür gerügt worden. `Tschuldigung.

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