Von Spar macht klar: Psychedelik ist Arbeit.

Gestern im Gleis22 in Münster, Von Spar, eigentlich headliner des Abends, spielen zuerst. Denn, der Bühnenaufbau ist so kompliziert, sie haben keine Lust, alles zweimal auf- und abzubauen. Sie spielen nicht viel, das aber lang. Langsam schält sich eines aus dem anderen, es wird getrommelt, bis der Schweiß von der Nasenspitze tropft. Das Herz des Geschehens ist eine Maschine, eine Jomox drummachine, angeschlossen an ein altes Dynacord space echo.
Scheitel wie DAF, Musik wie Kraftwerk, eine kalte, klare Psychedelik, die kein Spaß ist, sondern Arbeit. Ereignisarmut. Erst gegen Ende bildet sich eine Songstruktur heraus, Vocoder – Gesang, 2, 3 breaks, Schluß. Dann ist das Konzert auch schon zuende. 45 Minuten bis zur klassischen Songstruktur und lieber nicht weiter. Konsequent, leider ein bißchen kurz und zum rumstehen zu ereignisarm. Schön im Lehnstuhl mit ´ner Tasse Kaffee in der Hand von weiter hinten kam´s aber richtig gut.

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Selbstkontrolle, alles halb so schlimm?

„Warum hast Du denn Deine Songlist nicht freigegeben?“
Gute Frage, ist ja nix verwerfliches dabei…
„Warum hast Du denn Deine Bücherliste nicht freigegeben? Ist Dir peinlich oder was?“
naja…
„Warum hast Du denn Deine Kontaktliste nicht freigegeben?“
Also das ist ja wohl klar, oder?
Verdammt, genau die Frage hab ich neulich einem Freund in Xing gestellt. Ist ja schliesslich ein Netzwerk, das zu genau diesem Zweck gemacht ist. Kontakte. Dummerweise ist das genau sein Job, Kontakte herstellen, und dann was davon haben. Klar also, dass er seine Kontakte nicht freigibt.
Jetzt haben wir sie also wieder, unsere 2 Probleme:
– Das Netzwerk verlangt alles, damit es funktioniert
– Ich darf nicht, damit ich funktioniere

Das social network akzeptiert nicht, dass wir uns auf unsere privatsphäre berufen, denn dann funktioniert es nicht. Bei Musik funktioniert das noch sehr gut, bei Texten wirds schon schwieriger.
Dumm ist nur, dass der Druck des social networking immer grösser wird, die Akzeptanz des ’nicht freigeben‘ schwindet.
Wird also der Druck des Kapitalistischen, das ja alles regeln wird, dafür sorgen, dass eine gewisse Geheimhaltung zurückkommen wird?
Glaub ich nicht. Derjene, der bislang sein Brot aus der Vermittlung von Kontakten holt, wird sich was neues suchen müssen. Dafür wird die Community ihren Privatzoll bekommen. Der Verweigerer fällt aus dem Netz, ist unsocial. Asozial bekommt eine neue Bedeutung.
Bin gespannt, wie diese Gruppe ‚asozialer‘ Netzuser ihre Revolution hinkriegt.
Es bleibt aufregend.

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netzgedächnis, addendum

Ergänzung zu meinem Beitrag ’social mobile‘:
Amazon schickte mir heute eine Verkaufsempfehlung per mail, Thema programmierung von embedded systems. Verständlich, da ich ja vor über 2 Jahren mal ein Buch zu dem Thema gekauft habe. Danke, ist nett gemeint, brauch ich jetzt nicht mehr, aber das können die ja nicht wissen. Kann ich ihnen leider auch nicht sagen (oder?).
Diese Spur ist gelegt, die bleibt an mir haften. In 12 Jahren werden die mir immernoch Bücher zum Thema empfehlen.
Irgendwann wird auch Amazon mich fragen, ob ich nicht meine Büchereinkaufsliste der Community zur Verfügung stellen möchte. Da werden sich womöglich ein paar social networker fragen, warum meine Bücherliste nicht freigegeben ist…
Ach je, jetzt muss ich doch weiter ausgreifen, als ich grade vorhatte. Aber dafür mach ich lieber einen neuen Beitrag auf.

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creative commons für Doofe

Auf dem blog advisign gibt es eine wirklich gute Erklärung von creative commons für jedermann.

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social mobile

Habe gestern meinen ipod an den mac gestöpselt und bin daraufhin von last fm gefragt worden, ob ich denn gerne der netz community mitteilen möchte, was ich in letzter Zeit so gehört habe.
Jetzt wird’s also richtig spannend. Volkszählungsboykott war ja schon Vorvorgestern, darüber sind wir längst weg. Ein gewisses gläsernes Gefühl ist lange Gewohnheit. Das iPhone hat einen neuen Gang eingelegt: Alles drauf auf das Gerät, Musik, Photos, Notizen, Termine, soweit nix neues. Alles auf der virtuellen .mac-Platte, auch kein Brüller. Die NSA wird schon nix damit anfangen können. myspace & xing veraten euch meine Freunde & Kontakte, google sagt euch, wo ich heut war und verwaltet auch meinen Kalender. Kommt mir nicht mit eurer Paranoia.
Was ihr nämlich noch nicht wisst, ist, dass ich euch das alles gerne verrate!
Mein neues mobile wird euch selbstverständlich meine aktuellen Photos in Echtzeit auf meinem Web-Profil präsentieren! Warum dort nicht auch ein Log meiner SMS-Versände listen, ihr sollt doch wissen, wen ich alles kenne. Kommunizierst du nicht, bist du schon tot. Du musst auch wissen, was ich jetzt gerade höre, denn morgen ist es ja nicht mehr aktuell. Ich kann Dir auch beweisen, dass ich den neuesten Track schon vor Dir kannte! Und Du kannst mich treffen, weil Du jetzt weißt, wo ich bin.
Deshalb bin ich Social. Du nicht?

DeBug hat den Begriff Sozialfestplatte erstaunlich trocken verwendet und damit m. E. eine realistische Einschätzung abgegeben. Das Aufkommen an Flatrate Tarifen führt in Versuchung, alle Daten des Mobiles (Telefon ist wohl eher eine antiquierte Bezeichnung) direkt ins Netz zu spielen, Myspace & last fm bringen die Selbstentblätterungsdynamik aus frühen Webzeiten zurück.

Ich bin begeistert von dieser Entwicklung, bringt sie doch endlich eine ernsthafte Möglichkeit, das soziale Gefüge unserer Gesellschaft aufzuschütteln. Ob das nun gut ist oder nicht, sei dahingestellt, mit neuen Methoden muss umgehen gelernt werden. Der alte Scifi-Fan muss erstmal triumphieren.
Für mich persönlich bleibt für’s erste: Zuschauen & abwarten. Meine Daten kriegt ihr jetzt noch nicht. Aber immerhin bin ich schon bereit, euch einen Einblick via Blog zu gewähren. Wer weiss…

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Gerade beats und schräge Töne

Kurz bevor ich die Pferde sattle, hier nun der Hinweis auf zwei für mich besondere Abende in Mannheim. Auf dem Festival B-Seite werden Ulli Schubert und ich am Donnerstag nach 23:00 Uhr Musik machen, mit einem so frischen Projekt, daß es noch keinen Namen hat. Also nehmen wir die Bürgerlichen.
Am Freitag dann am selben Ort ab Mitternacht die ganze Nacht Musik von unseren Plattentellern, ohne Limit auf 28 Quadratmetern. Wer jetzt schluckt dem sei gesagt, so manche Sauna ist kleiner. Wir organisieren seit Jahren Parties zusammen, aber soviel Musik haben wir noch nie zusammen gemacht. Der aktuelle Arbeitstitel war eigentlich als Name der Party gedacht: „one click hopping“. Sei´s drum, am Freitag heißen wir dann so.

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minimal fluss

Habe mich ja schon länger nicht zu wort gemeldet, das liegt wohl daran, dass das leben teils ein ruhiger fluss sein kann. Und ähnlich zum letzten Blogbeitrag rumpeln hin und wieder die Panzer am fenster vorbei, aber mein Haus zittert kurz und steht dann wieder still.
Ich verbringe viel zeit mit meinem geliebten Job und werde reichlich belohnt durch die Freude meiner Kunden. Das weihnachtsgeschäft naht, das heißt für mich, ich kann mich bald zurücklehnen, und das womöglich in einem fernöstlichen Land. Die Band hat einen Studiotermin, wir haben 3 neue Songs, der letzte Auftritt war grosses Kino. Unser Label hat ein interessantes Projekt aufgetan. Mein dispo ist fast glatt, nächste Woche bekomme ich einen Firmenwagen mit Bose-Soundsystem & ipod-Halterung. Ich habe viel zu spät aber rechtzeitig ‚dawnbreed‘ kennengelernt & seit 2 Monaten machen mich ‚Volt‘ aus Karl Marx Stadt glücklich. Vorgestern haben ‚Chefdenker‘ das exhaus gerockt, meine güte.
Nachwievor sind die Frauen in Trier zu jung für mich, aber was solls, ich werd ja auch immer jünger. Nächste Woche bekomme ich Ohrstöpsel für den Proberaum, sollte ich etwa vernünftig werden? Morgen gibts eine Geburtstagsfeier in Lucky’s Luke, wer den Laden kennt, weiss wass mir droht:-) Heute Abend traf ich meinen Vermieter, und er hat mich auf die Nebenkosten angesprochen. Ich hab mal nachgeschaut, und tatsächlich: ich hab seit 3,5 Jahren nicht die NK gezahlt, 4.250 €.


Hm.

Wie geht man denn damit um?

Hm.

Habe mir grade nen sixpack besorgt.


verdammt
..

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Hans Nieswandt: Disko Ramallah

Dieses Buch (hier eine bessere Kritik) über das Plattenauflegen an seltsamen Orten ist kein Flug mit der Concorde im glamourösen Vollrausch von Party zu Party – hier geht es mit dem Jeep durch die Wüste, oder am Flughafen wird der DJ nicht abgeholt oder die Gastgeber versuchen, die versprochene Führung durch´s lokale Nachtleben einfach unter den Tisch fallen zu lassen. Wir befinden uns im 21. Jahrhundert und Hans Nieswandt ist kein resident DJ auf Ibiza, er wird für high society Hochzeiten und vom Goethe Institut als Botschafter für elektronische Musik aus Deutschland gebucht. Er ist Familienvater und hat mit Sicherheit schon genug Parties gesehen, um die Sache mit einer gewissen Ruhe anzugehen. Die man auch braucht als DJ, rumhängen und warten gehören zum Job genauso wie die überraschenden Bekanntschaften, die manchmal sehr spannend sein können. Da, wo sein Herz ist, im Nahen Osten und im Baltikum, vielleicht auch in Rio, erzählt er die absurden Geschichten mit warmer Ironie; der weitere Osten wird hingegen mit Distanz behandelt, die Ironie erscheint manchmal überheblich, obwohl es nicht so gemeint ist. Es ist einfach nicht so schön erzählt, der Erzählton passt in diesen Situationen nicht wirklich gut.
Als Selbst Auflegender kommt mir vieles sehr bekannt vor, als eleganzler freut mich, daß zwei Veröffentlichungen den Weg auf seine Plattenliste gefunden haben. In der Rubrik „Bildungselektronik“. Beide sind im Handel voll gefloppt: St. Otten´s „Stille Tage im Klischee“ und „Vorwärts die Zeit“ von Künstler Treu. Wirklich sehr gute Musik übrigens.

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Herbstmanöver

online Existenz erfordert Zeit und mein erstes Leben — uiuiui wer kann schon beim blog schreiben aus dem Fenster schauen, die Bässe kommen nicht von Ulli´s neuem Mix, sondern von britischen Panzern, die durch die Nacht rollen, die gedämpften Scheinwerfer ziehen am Flieder vorbei, dann kehrt wieder die Stille zurück. Wo war ich? Mein normales Leben ist ereignisreich genug, ich denke immer, wenn ich im Netz lese, das ist alles ganz selbstverständlich da, aber das eine beträchtliche Lebenszeit vor der Tastatur verbracht wird, um das alles zu erzeugen, kann ich mir nur schwer wirklich begreiflich machen. An der mangelnden blog Schreibezeit merke ich es am eigenen Leib.

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So so na ja visa wieso

Montagabend gab es bei arte info late night einen Bericht über Passagiere in einer air france Maschine, die gegen mit dem Flug durchgeführte Abschiebungen protestierten. Die Abschiebekandidaten haben wohl hörbar gelitten und sind ziemlich rüde behandelt worden. Bei youtube gibt es ein Video, das einer der Passagiere gedreht hat. Ich kann´s nicht finden – was ist das richtige Stichwort auf französisch? Mich hat erschreckt, daß in der Tendenz des Berichts die Passagiere, die Zivilcourage zeigten, eher negativ, als Störenfriede weg kommen. Der Chef der Polizeigewerkschaft sagt z.B., daß er hoffe, jedweder Widerstand gegen die Arbeit der französischen Polizei werde hart bestraft; der Schlußkommentar ging in die Richtung, es würden Möglichkeiten gesucht, es Störenfrieden schwerer zu machen.

In den letzten Wochen habe ich versucht, einem Filmemacher aus Simbabwe dabei zu helfen, ein Visum nach Großbritannien zu bekommen, um dort ein gemeinsames Projekt zu machen. Wir sind vorerst gescheitert. Die britische Botschaft glaubt einfach nicht daran, daß irgendein schwarzer Simbabwer wieder in seine Heimat zurückkehren wird. Das ist in diesem Fall bizarr, weil Norbert Fero auch zum Thema seiner Arbeit macht, daß er die Abwanderung der schwarzen Mittelschicht für völlig falsch hält.

Bizarr sind auch die Methoden, mit denen schon bei der Visa – Beantragung Hürden aufgebaut werden. An der hotline der Botschaft in Harare werden von einer Tonbandstimme Webseiten verlesen, auf denen man sich zunächst informieren soll. Wie wir alle wissen, ist Afrika bei der Verbreitung von Internetzugängen ja ganz weit vorne! Visa müssen bei fedex abgegeben werden, jeglicher persönliche Kontakt zur Botschaft soll wohl vermieden werden. Als ich beim Konsulat in Düsseldorf anrufe, um mich zu informieren, werden mir nicht nur Webseiten vorgelesen, ich werde angewiesen, für weitere Informationen die hotline anzurufen, jeder Anruf dort koste pauschal 12 (!!!) Dollar. Na prima, daß schließt ja große Teile der potenziellen Kundschaft davon aus, sich Infos zu besorgen. Nur durch minutenlanges stoisches Warten am Telefon und Ignorieren aller Tips und Hinweise bekam ich schließlich die Chance, mit einem Mensch aus Fleisch und Blut zu sprechen.

Das alles erscheint für mich in einem seltsamen Spiegellicht aus der Vergangenheit. Ich lese grad eine Biographie über Kurt Schwitters, dort werden knapp die Probleme für Schwitters und andere deutsche Künstler besprochen, auf der Flucht vor dem NS Regime Visa oder eine Aufenthaltsgenehmigung zu bekommen. Was ich dort lese, begegnet mir seltsam vertraut wieder bei den Anlaufstellen der europäischen Union.

Hans Nieswandt schreibt in seinem Buch „Disko Ramallah“, daß der Bundesgrenzschutz in Frankfurt aus Russland kommende Maschinen gleich an der Gangway kontrolliert. So müssen sich Einreisende ohne Visum nicht erst die Mühe machen, kilometerweit durch den Flughafen zu laufen. Sie können gleich im Flugzeug sitzen bleiben.

Kurt Schwitters ist übrigens mit dem letzten Eisbrecher aus Norwegen den Deutschen entkommen, ohne Visum.

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