Herbststurm

Du wütest aus Südwest
ich zerfranse.

Du reißt an
den Bäumen
gibst ihnen den Rest

ich steh wie
die Kuh da
stehn würde beim Fest.

Ich bin
Text über mich selbst
vollkommen belanglos
dem Wind.

30.12.: Es mag komisch erscheinen, um diese Jahreszeit ein Herbstlied zu veröffentlichen. Draußen jedoch heult der Wind mit stetigem Bass. Nicht um´s Haus, sondern sowieso.

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Ausgestrahlt und ungesehen

Wenn ich beim NDR arbeiten würde und wollte einen Film so plazieren, daß ihn möglichst niemand sieht, wo würde ich ihn hintun? Wahrscheinlich auf Montag Nacht, 2:00 Uhr. Fast auf dieser Idealzeit lief jetzt der Dokumentarfilm „Axensprung“ über Filmemacher der 68er Generation in Deutschland, mit viel Idealismus aufgebrochen, in den 80ern Medienwerkstätten gegründet, was machen sie heute? Was ist heute noch möglich? Die Antworten fielen individuell aus, lassen sich nicht über einen Kamm scheren, haben viel mit der Persönlichkeit der einzelnen Protagonisten zu tun. Autorenfilm ist möglich, man muß halt auf Förderung verzichten können und das Geld irgendwie anders zusammenkriegen, oder etwas anderes machen.

Grund zur Freude: Keiner der Befragten arbeitet in der Werbung. Ausgewichen wird eher in Richtung Kunst. Nur Eine produziert Auftragsdokus für´s Fernsehen, und die Firma des Filmemachers selbst natürlich auch. Arte, NDR und WDR sind die Abnehmer. Das war´s. Gestaunt habe ich bei Helena Villovitch in Paris, die ästhetisch immer noch so arbeitet, als lebten wir in den 80er Jahren – und damit ein Publikum findet. In Großstädten bilden sich unwahrscheinliche Nester.

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immernoch ohne Titel

Der Pirat ist in Marokko, trägt Turban und treibt Handel, hoffentlich kauft er nicht schon wieder neue Kanonen ein. Und der Gitarero hebt den Blick zur Zeit kaum über den Tellerrand, wagt nur des Nachts einen Blick aus dem Fenster, wenn die Wolken schnell und tief vor dem Mond herziehen. Wenn er nicht verwaltet, dreht er Knöpfchen oder bearbeitet Ofenrohre.

Jetzt, da das Feuer brennt, braucht er Brennholz und lässt sich beruhigende Nadeln in die Schädeldecke treiben. Am Wochenende ist er häuslich und empfiehlt als Weihnachtslektüre Robert Gernhardt´s Gesammelte Gedichte und die Bibel in gerechter Sprache, hier besonders die Psalme Davids als Aufbautraining für die allesistgutunddieBösenkriegensowiesoihrFett Hormone.

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Verantwortung, die 2.te

Vor einigen Monaten packte mich die Idee, Gott zu sein. Ich habe also eine Insel erobert und eine Siedlung darauf errichtet. Nach ein wenig landwirtschaftlichem Vergnügen und nachbarschaftlichem Handel, und hervorragenden Perspektiven für die Zukunft, fing meine Stadt jedoch Feuer und ich beschloss, mein Laptop zu schliessen um die Flammen zu ersticken.
Als ich vor ein paar Tagen nachgeschaut habe, brannten die Häuser immer noch. Schnell habe ich die Klappe wieder geschlossen. Es hat sich ja noch niemand beschwert bis jetzt.
Kann es sein, dass Gott (Allah, etc.) derzeit lieber joggen geht, weil er keine Ahnung hat, wie er den Nahostkonflikt lösen soll? Möglicherweise organisieren derzeit ein paar europäische Emissäre den Transport von Wasserpumpen in meinen Computer, aber die LKW werden ständig von Piraten (schon wieder Piraten) überfallen.
Mein Second Live Avatar Angstrock hätte bestimmt helfend eingreifen können, aber er irrt seit langem orientierungslos durch die irakische Wüste. Wenn ihr ihn trefft, steckt ihm doch bitte etwas Schokolade zu.

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Das Schweigen der Japaner

Neulich habe ich einen Freund in Japan mit privaten Negativschlagzeilen überfallen und bekam als Antwort – nichts. Wochenlanges Schweigen im Elektronenwald. Da schickte ich eine versichtige Erkundungspost hinterher und entschuldigte mich für mein unhöfliches Verhalten. Wenig später kam die entspannte Antwort, alles in Ordnung, gar kein Problem, und wirklich schön, daß es Dir jetzt wieder besser geht.

Ich hatte mal wieder vergessen, auf wieviele Weisen Japaner schweigen können.

Letzte Woche sah ich eine Folge eines japanischen Anime. Da sagt der Staatschef zu dem Piraten: „War das alles, was er Dir auf dem Sterbebett gesagt hat, oder war da nicht noch mehr?“ Der Pirat dreht sich um und schweigt. Nach einiger Zeit der Staatschef: „Ich sehe, alles klar. Du kannst gehen.“

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Dauerkommentator okkupiert Plattform

Jetzt bin ich also meiner Verantwortungsfreiheit beraubt. Einfach auf Vorgaben warten ist nicht mehr. Eigenleistung ist gefragt. Der Kommentator Jens muss jetzt selber Beiträge schreiben.
Fürderhin sind authoristische Einträge nicht mehr klar Herrn Schwetter zuzuordnen, sondern auch möglicherweise mir. Ich freu mich drauf.

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Deine Familie in Afrika? – schon heute möglich!

Zum Thema Kolonialismus und Ausbeutung gibt es ja immer wieder interessante Projekte. Christian Hornsleth realisiert grad ein solches unter dem Titel we want to help you, but we want to own you!. 108 Bewohner eines Dorfes in Uganda lassen ihren Nachnamen in Hornsleth ändern, Fotos von ihren Pässen verkauft Christian Hornsleth als Kunstwerke. Die neuen Hornleths werden für die Namensänderung mit Vieh bezahlt.

Ich weiß nicht, wie es in Uganda läuft, aber in Südafrika ist es so, daß jeder Farbige zwei Namen hat. Den, den sein Stamm ihm gibt und einen sogenannten „colonial name“. Der colonial name wurde eingeführt, weil die Weißen die afrikanischen Namen nicht aussprechen können oder wollen oder meinten, ein Stück weitere schwarze Identität abschaffen zu können.

Wenn man auf dem Dorf lebt, hat man vielleicht keine so enge Beziehung zu seinem colonial name und es fällt leichter, ihn zu verkaufen. Aber das ist nur eine Vermutung meinerseits. Wenn Menschen ihren Namen ändern, ist das ein massiver Eingriff in ihre Persönlichkeitsrechte, auf der symbolischen Ebene ähnlich bleibend wie die Tätowierungen, die Santiago Sierra auf dem Rücken sechs junger Kubaner hat machen lassen. Sie bekamen dafür 10 Dollar.

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cubistisches C

cubic C

Im Edeka fing mich ein Regal mit billigen Portemonnaies. Meins ist schon seit geraumer Zeit jenseits von Gut und Böse. Für 8 Euro griff ich zu. Zuhause dann die angenehme Überraschung: In das Leder ist ein cubistisches C eingeprägt. cubic C statt copyright C!

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Elektronisches Ereignis Nr.8 hat gerockt,

darüber freuen wir uns. von 2:00 bis 2:45 mussten wir die Tür wg. Überfüllung dichtmachen, die Leute waren trotzdem alle sehr entspannt. Wir hatten erstmals von 10 bis 12 open turntables und da erwies sich ein junger Stammgast namens David als DJ mit gutem Geschmack, der hat dann die Nacht über immer wieder mal mitgemacht. Bei uns gibt es ja kein fixes lineup oder sowas. kuhl und thompson waren live auch ein ganzes Stück besser als bei ihrem Auftritt vor einem 3/4 Jahr. Sie haben jetzt viel mehr Soul im sound. Es macht Spaß, Leuten eine Plattform zu geben, mit der sie sich entwickeln können.

Daniel und ich aka „die Plattenbauern“ legen immernoch am besten auf, wenn wir zusammen rocken. Da haben wir den Leuten wieder einiges um die Ohren geschallert, ich hatte das Gefühl, die brauchten das. Erst als es hart und schräg kam, gingen die Arme nach oben.

An der Wand liefen in einer Tour Videos von Protesten gegen Globalisierung. Die Bilder von Polizisten, die aussehen wie Alien, buntes Gas und sich aussetzenden Demonstranten passten zu unserem Sägezahngewitter genauso wie zu den zuverlässig neben der Spur groovenden Platten der Tonschubler.

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Tucholsky und Zeitgenossen

Bei den Auftritten von Ansage 1, als ich mit dem Sauer Techno DJen und Texte für die Tanzfläche machte, fiel mir zum ersten Mal Kurt Tucholsky positiv auf. Der Sauer trug einen Texte von ihm vor, „Ideal und Wirklichkeit“ und noch einen von seinem Zeitgenossen Erich Kästner, „Zeitgenossen haufenweise“. Mit dem wunderschönen Beginn:

„Es ist nicht leicht, sie ohne Haß zu schildern,
und ganz unmöglich geht es ohne Hohn.
Sie haben Köpfe wie auf Abziehbildern
und, wo das Herz sein müßte, Telefon.“

Inzwischen lese ich Tucholsky – Texte, stelle fest, er hat viele Chansons und bissige Satiren geschrieben und seine Gedichte eignen sich gut zum Vertonen. Und das Wichtigste: An ihm und seinen Zeitgenossen zeigt sich, wer die Gegenwart verstehen will, soll sich ruhig mal mit Berlin in den Zwanziger Jahren beschäftigen. Hier bildet sich das moderne Dreieck von Masse, medial vermittelter Kommunikation und Konsum. Zeitungen sind aller Leute täglich Brot, Sport wird als Showereignis entwickelt, das Telefon verbreitet, das Proetariat wird ausgebeutet, manche steigen steil und werden reich. Der Fabrikant tritt als Sponsor auf. Es entsteht eine Mittelschicht selbständig lebender Individuen, Singles mit zeitweisen Beziehungen, Angestellte, Sekretärinnen. Was unsere Gegenwart ausmacht, es ist vieles schon da.

…und gleich wieder bedroht von fanatischen Gespenstern, Schreihälsen mit totalitären Visionen, von Wirtschaftskrisen und Kriegstreibern. Klingt bekannt? Und wie ist es mit dem alten, unbedingten Respekt vor staatlichen Institutionen und Uniformen? Heute überwunden oder bloß weiter nach hinten, hinter den Vorhang gepackt, aber immer noch mächtig und präsent? Die Trennung zwischen Polizei und Geheimdiensten, aufgrund der Erfahrungen in der Weimarer Republik in unserer Verfassung verankert, sie wird grad wieder hintertrieben, von unseren obersten Revolutionären, Schäuble geht voran, und dafür wurde ihnen der diesjährige Big Brother Award verliehen. Ich finde, das reicht nicht, für die Marschrichtung sollten sie den Premium Big Brother Award in Platin mit Bonuskarte bekommen.

Ich schweife ab. David sagt: „Ärgere Dich nicht über solche, die Böses tun. … Schnell wie Gras werden sie verwelken.“ (Psalm 37.1) Apropos Opium für´s Volk: Afghanistan hat seinen internationalen Marktanteil an Rohopium seit der amerikanischen Invasion von 70 auf 90% steigern können. Doch weiter im Text:

Tucholsky´s Beschriebungen sind so frisch, daß ich bei manchen glauben mag, sie sind erst heute geschrieben. Sie beziehen sich in den Details auf Moden längst vergangen, ersetze diese durch beliebige jetzige Erscheinungen und voila, Du hast einen aktuellen Text. 1935 ist Tucholsky gestorben, d.h. im letzten Jahr sind seine Texte Bestandteil der public domain geworden, eine Verwendung und Bearbeitung ist also ohne Lizenzzahlungen und Freigaben von Rechteinhabern möglich. Viele Texte findet man online in einem privaten Tucholsky – Archiv, auch ist die Tucholsky – Gesellschaft online. Bei Erich Kästner es ist schon schwieriger. Er starb 1975, seine Texte sind also noch bis 2050 urheberrechtlich geschützt. Seinen oben zitierten Text findet man nur auf Seiten, die noch nicht aufgefallen sind und eine einseitig tolerante Beziehung zum copyright führen, z.B. hier.

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